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der
himmel weint
aber das feuer brennt Rede eines langjährigen Genossen am Feuer an der Fritzlarer Straße, 9.11.1998 andrea kannte ich lange, seit anfang der 80er, hinter und auf barrikaden, bedingungslos kämpferisch, bedingungslos manchmal auch gegen sich und andere, immer wild darauf die herrschenden verhältnisse zum tanzen zu bringen, in münchen anfang der 80er, gegen die faschisten in nesselwang 1985, im infoladen münchen, den sie mitaufgebaut hat, weil es ihr immer um die kommu-nikation mit den menschen gegen die herrschende unterdrückung, ungerechtigkeit und unterdrückung ging - egal wo. wir saßen in wackersdorf, die klamotten durchnäßt vom cs-gas und die augen rot, die stimmen heiser, aber sie lachte immer und hatte das funkeln in den augen, weil sie trotz der übermacht der bullen und des staates nicht aufgeben hat zu kämpfen und in der scheinbaren übermacht des staates immer auch dessen eigentliche erbärmlichkeit erkannte. wir kämpften zusammen für die freiheit der politischen gefangenen und sie hat mir und uns immer mut gemacht als wir im knast saßen. trotz vieler niederlagen immer dieses rastlose suchen, nach genossinnen und genossen und ich habe auch erlebt, wie sie mit ihrem großen herz menschen erreichte, die sich es nie trauten zu kämpfen oder die resigniert waren. mit ihr war immer ein aufbruch zu machen. überall wo die feuer der rebellion brennen, war sie - und wenn es nur ein glimmen war, dann blies sie kräftig hinein um es zum lodern zu bringen. auch weil sie wußte, daß da die wärme ist, die wir brauchen in diesen eisigen Zeiten. den eigenen schmerz und trauer in wut und widerstand wenden, war bei andrea nicht nur parole sondern eine praktische lebensweise. und sie
hatte viele schmerzen. ich hätte sie gerne nochmal gesehen, es gäbe noch so vieles zu reden, an plänen zu schmieden, zu verwerfen, erfahrungen zu teilen und neu zu machen. jetzt wo vieles so schwer ist, dreck und häme über das ziel der sozialen revolution ausgegossen wird, es gibt eine wahrheit, die wir suchen und ihnen in ihren kapitalistischen gierschlund zurückschleudern müssen, es gibt eine wahrheit über andreas ermordung, den alltäglichen mord in kurdistan, eine wahrheit über die dreckigen staatschutzverfahren, eine wahrheit über die ziele unserer kämpfe für eine gerechte welt ohne ausbeutung und unter-drückung. erinnerung an andrea und alle, die um befreiung kämpfen, ist da nicht nur eine sentimentale regung, praktisch handelnde erinnerung ist da auch wie eine umarmung, in der uns andrea weiter begleiten wird. wenn sie da wäre, würde sie, glaub ich, sagen, daß uns nicht ihr tod schrecken soll, sondern diese mörderischen verhältnisse, die sie uns jetzt genommen haben. der kampf geht weiter, andrea und all die toten genossinnen und genossen in unserem herzen. sie können rosen zertreten, aber den frühling können sie nicht aufhalten der himmel weint aber das feuer - ronahî - brennt. |
machwerk, frankfurt (2000)