Unsere
Kriegserklärung ist eine doppelt und dreifache...
Andrea kam mit einer Freundin aus München. Später kam auch Danae.
Sie lebten in verschiedenen WG's und Andrea und Danae nahmen sich später
eine Wohnung in Offenbach.
Ohne
Revolution keine Frauenbefreiung, ohne Frauenbefreiung keine Revolution!
Sie organisierten
sich mit einigen Frauen. Eine der ersten öffentlichen Aktionen war
die Besetzung eines Hauses in der Basaltstraße in Frankfurt- Bockenheim,
im Juni 1987.
Aus dem Flugblatt zur Besetzung:
STRATEGIEN GEGEN HERRSCHAFTSARCHITEKTUREN UND BEVÖLKERUNGSKONTROLLE;
Hiermit erklären wir als Kämpferinnen für die Freiheit,
daß wir unsere Angelegenheiten selbst regeln wollen und dazu nur
die Freiheit nötig haben!
Uns dieses Haus zu nehmen, das uns zum Leben, und vielen anderen Frauen
als Treffpunkt und Kommunikationsmöglichkeit dienen soll, ist für
uns ein Versuch unseren Widerstand gegen das Herrschaftssystem zu organisieren
und unsere Utopien von einem befreiten Leben wenigstens ein Stück
weit zu verwirklichen.
An die Herren dieser Welt:
Macht uns nicht weis, daß wir euch gleich sind
wir scheißen auf eure Gleichheit,
auf gleichen Lohn für eure Drecksarbeit;
gleiches Recht auf eure Lügenparagraphen;
gleiche Behandlung in euren Knästen;
gleiche Ausbildung für eure Verbildung;
Demonstration nach
der Räumung
gleichen
Anspruch aufs Leiden in der Ehe
Wir wollen weder gleichberechtigt mit anderen Menschen unterdrückt
werden, noch gleichberechtigt über andere Menschen herrschen.
Wir wollen nicht ein Teil der Machtstrukturen werden, wir wollen diese
Machtstrukturen brechen!!! JAWOLL!!
UNSERE KRIEGSERKLÄRUNG IST EINE DOPPELT- UND DREIFACHE!!!
Solidaritätsaktion
mit den gefangenen Frauen in Berlin
Das Haus
wurde noch in der Nacht brutal geräumt. An der Besetzung hatten zur
Unterstützung auch Männer teilgenommen, allerdings war das Einbeziehen
von Männern immer eine strittige Frage. Andrea vertrat die Meinung,
daß Frauenorganisierung auch gemeinsam mit Männern kämpfen
müsse um wirklich revolutionäre Durchsetzungsfähigkeit
zu erhalten, allerdings nicht in der Form über patriarchale Strukturen
hinwegzusehen, sondern in der ständigen Auseinandersetzung.
In diesem
Jahr sind Andrea und Danae mit ihrer Energie und Entschlossenheit aufgefallen.
Schon wenige Wochen nach der Besetzung begann im Berliner Frauenknast
Plötzensee ein unbefristeter Hungerstreik von acht Frauen. Er richtete
sich gegen die Spaltung und Identitätszerstörung der Gefangenen
im modernen Wohngruppen-, und Behandlungsvollzug. Diesem Vollzug
lag ein sogenanntes 24- Punkte Haftstatut zugrunde, das für kooperative
Gefangene Hafterleichterungen ermöglicht, aber bei Fehlverhalten
auch die ganze Gruppe bestraft. Auch war die Zusammensetzung der Wohngruppen
nicht zufällig, sondern wurde nach gezielten psychologischen Aspekten
durchgeführt. So sollte eine gegenseitige Kontrolle und Denunziation
der Gefangenen erreicht werden. Die Erkenntnisse die diesem Programm zugrunde
lagen, stammten zu einem großen Teil aus Beobachtungen in den Knästen
mit politischen Gefangenen, auch in anderen Ländern.
Dieser Streik rief eine große Resonanz hervor, weil er verschiedene
Themen verband. Es ging um die Aufhebung der Spaltung zwischen den Gefangenen
nach dem Betäubungsmittelgesetz, den sozialen Gefangenen und den
politischen Gefangenen, aber auch gegen die Zwangsarbeit im Knast für
irgendwelche Fluggesellschaften oder Großkonzerne für Pfennig-Beträge.
In Frankfurt gab es einige Solidaritätsaktionen, um den Streik der
Frauen bekannt zu machen und sie darin zu unterstützen. Auch an diesen
Aktivitäten waren Andrea und Danae maßgeblich beteiligt.
Nur fünf Tage nach dem Beginn des Hungerstreiks verübte die
ROTE ZORA in einer Nacht in verschiedenen Städten acht Brandanschläge
bei Filialen des Bekleidungskonzerns ADLER. Die Aktion sollte die streikenden
Arbeiterinnen in Südkorea unterstützen, die für mehr Lohn,
bessere Arbeitsbedingungen und gegen sexuelle Ausbeutung kämpften.
Im Zusammenspiel von Streik, militanter Aktion und öffentlichen Protestaktionen
vor den Filialen mußte ADLER schließlich einen Teil der Forderungen
erfüllen. Dies war ein Beispiel für die Möglichkeit international
übergreifender Kämpfe.
Dies sind nun einige Beispiele derAktivitäten von Andrea in Frankfurt
bis zu ihrer Verhaftung im September 1987.
Erinnerung
(V)
Andrea und
die Mathematik
:
Aber Andrea hat immer gut gerechnet, so wie ich sie kennengelernt
habe, war ihr vollkommen klar, wenn sie das machen will, was sie
wirklich machen will, dann muß sie tierisch gut rechnen können,
denn du mußt ja irgendwie mit deinem wenigen Geld umgehen
können. Dafür habe ich sie immer bewundert, weil sie da
ein außerordentliches Selbstwertgefühl drin hatte, in
Kneipen oder Zusammenhängen zu stehen ohne Kohle. Das hatte
so eine stolze Komponente bei ihr.
:
Sie hat es zum Beispiel auch eine Zeitlang geschafft, obwohl sie
nicht viel hatte, zwei Leute mit der gleichen Kohle durchzubringen.
Aber man muß es wirklich sagen, Andrea war ein Mathematikgenie,
sie hätte eigentlich, wenn sie das für wichtig befunden
hätte, auf diesem Gebiet tatsächlich Karriere machen können.
Sie hat auch schulmäßig an Wettbewerben teilgenommen,
ab und zu haben wir dann so Mathematikaufgaben aus der Zeitung rausgesucht.
Dann konnte sie sich da zwei Tage drüberhängen und versuchen,
das rauszuknobeln - in dieser höheren, abstrakten Mathematik
war sie einfach super. Ich denke schon, das ist wichtig, weil es
auch eine bestimmte Herangehensweise an Sachen ist. Es heißt
ja oft im Verhältnis zu Frauen, Frauen könnten nicht logisch
denken, das war für sie etwas absolut Absurdes, da hätte
sie tausend Typen überflügelt. Sätze wie Frauen
können das nicht haben sie furchtbar aufgeregt, weil
das Quatsch ist.
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