Seiten
53-56
|
Briefe
an Andreas Semisch
(1988/1989) 19.11.88 Zur Doppelstrategie: Das ist
der Grad, den die Konfrontation mittlerweile hat, die politische Konfrontation
durch den revolutionären Kampf, daß sie mit rein militärischen
Mitteln, Die neue Qualität sehe ich darin, daß es eine absolute Polarisierung gibt, Zuspitzung, - auf der einen Seite der revolutionäre Prozeß und auf der anderen Seite alle staats - und machttragenden Gruppen. In dieser Konfrontation spiegelt ihr Versuch uns endgültig zu zerschlagen das Grad der Entwicklung wieder. Und ich sage noch lange nicht, daß wir deshalb schon gewonnen haben, denn wieweit sie kommen liegt an uns allen, und es wird sich auch daran entscheiden. Noch mal zu den Grünen: Ihre Entstehungsgeschichte war von Anfang an eine Alternative zum Kampf. Diejenigen, die nach 1977 nach einem dritten Weg gesucht haben, haben die ersten Grünen-Listen gegründet. Sie haben damit ihre eigene Perspektivlosigkeit und Unentschiedenheit als politisch richtige Perspektive aufgebaut. Auf die Angriffe durch den revolutionären Widerstand einerseits und den Druck der anderen Parteien andererseits, reagieren die Grünen, um nicht zerrieben zu werden, ganz schnell, schlagen sich auf die Seite des Systems- denn eins von beiden müssen sie zerschlagen, um selbst bestehen zu bleiben- und weil sie bestehen bleiben wollen, Macht wollen, bekämpfen sie die, die Macht zerstören und verbünden sich auf ihre sanfte Tour mit denen, die Macht sichern wollen.
Dieses Ziel, imperialistisches Zentrum Westeuropas zu werden zu erreichen und da sind wir das Hindernis das ihnen im Weg steht, dafür müssen sie den revolutionären Widerstand zerschlagen und vernichten, und das ist genau die Schärfe, die die Konfrontation jetzt hat. Unsere Konstitution, Weiterentwicklung zu verhindern, unsere Präsens auflösen und zerschlagen. Mit jetzt meine ich auch die Situation kurz vor dem IWF. Die Ruhe, die sie herstellen wollen, in der BRD um damit die Wirkung der Kämpfe in Westeuropa und somit auch international zu schlucken, diese Ruhe ist nicht nur propagandistisch sondern ganz materiell. Die brauchen sie, denn sie ist eine Voraussetzung dafür, daß sie die multinationalen Finanzmächte hier herholen, ansiedeln und bündeln können. Hier meint konkret das gesamte Rhein-Main Gebiet, speziell Frankfurt. Deshalb war es für sie auch Bedingung, die Startbahnbewegung zu zerschlagen, und das war auch schon vor dem 2.11. geplant und vorbereitet worden, weil der Ausbau des Flughafens für ihr Herrschaftszentrum Westeuropas benötigt wird. Und weil sie den gesamten revolutionären Prozeß hier plattwalzen wollen... Was der
Moment der Mobilisierung gegen den IWF für uns sein kann, triffst
du auch ziemlich genau. Weg von den Ein-Punkt-Bewegungen, der appellativen
Kampagnenpolitik, dem ständigen Reagieren, sondern ein Schritt hin
zur Einheit, zur Entwicklung von strategischen Handlungslinien und somit
Bildung eigener
Ziele des Widerstands.
Ich will
noch mal einen Exkurs über das Schreiben machen:
Für sich selbst und mit anderen zusammen, das denke ich mittlerweile, ist so wichtig, weil nur darin Keime einer - wenn auch Mini- Mini- Miniatur- Gesellschaft- die nach ganz anderen Werten lebt, wachsen kann, und weil sich nur daraus ein langer Atem schöpfen läßt, der die jetzige Staats- und Gesellschaftsform auflösen kann. Zu so einem Zeitpunkt allerdings wäre es zu spät erst damit anzufangen, wie die neue Form aussehen soll, sondern sie muß schon auf dem ganzen Weg mit erkämpft werden. So rum
trennt mich von niemanden eine unterschiedliche Analyse, denn sie rückt
sehr in den Hintergrund, ist nur noch ein Mittel, nämlich unsere
Kräfte an den richtigen Stellen einsetzen zu können. Ich sag
das nur, um zu verdeutlichen, daß für mich das Gewicht auf
der Veränderung jedes/r liegt und zusammen, und dafür ist doch
erst mal die Situation von jedem/r und im ganzen Zusammenhang der Situation
der Kämpfe anzugucken, rauszukriegen vor welchen Hürden jede/r
steht, und von da aus, wie sie zu lösen sein können, so daß
du zusammen stärker wirst. Ich versuche
das in einem Begriff zu fassen wie: politisch-subjektiver Prozeß
und dieser stand und steht immer noch viel zu sehr im Hintergrund. Da
gibt es doch vielfältige Erfahrungen, wie was gedacht wurde, daß
es gehen könnte, wie was gemacht wurde.
Und es stimmt natürlich, daß dabei Fehler gemacht, oder einfach noch nicht weit genug gedacht wurde. Ich denke, daß eine Stärke nur zusammen entsteht, von denen, die die weiteste Demarkationslinie zum Staat sind und denen aus den Basisprozessen. Ich sag das nur noch mal, weil das auch in der Vergangenheit immer ein Streitpunkt war. Wie sie sich aufeinander beziehen können, die jeweiligen Anfangs- und Ausgangspunkte vermitteln, und aus ihnen gemeinsam weiter kommen können, wird die Entwicklung der nächsten Zeit angehen müssen. Dafür hat der Hungerstreik einen wichtigen, politischen Durchbruch erkämpft. Das klingt jetzt so, als hätten wir ewig dafür Zeit, nein das meine ich nicht. Aber, um die allgemeine Entwicklung noch mal konkreter zu benennen, in einer Zeit, wo durch die Entwicklung in Osteuropa dem Kapital ein neuer Markt erschlossen ist, und damit politisch gleichzeitig die Unmöglichkeit einer zur kapitalistischen alternativen Produktions-Gesellschafts- und Staatsform erklärt wird, wiegen die Veränderungen der revolutionären Kräfte in der letzten Zeit natürlich noch mal besonders.
Das wiederum schafft natürlich für uns eine viel schwierigere Ausgangsbedingung und um mit dieser wirklich umgehen zu können, sie nicht nur zu kommentieren, müssen sich alle revolutionären Kräfte den Erfahrungen der letzten Jahre stellen, damit es auf unserer Seite mal zu einem Schub kommt, von dem ich denke, daß er sich nicht mit einer defensiven Haltung aufbaut, weil darin der eine Arm unserer Anziehungskraft fehlt, kein Eingreifen möglich wird. |
machwerk, frankfurt (2000)